Artikel 1
Was ist mit unserer Kirche? Ein Rückblick ist sinnvoll, um die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten nachzuvollziehen und die Ergebnisse dieser Entwicklung besser zu verstehen und realistisch zu analysieren.
Unsere Kirche war mal eine Volkskirche. Die enge Anbindung an die Kirche war noch vor wenigen Jahrzehnten selbstverständlich. Der Alltag und das Lebensumfeld war geprägt von
christlich-kirchlichen Zeichen, Bildern, Gebräuchen, Traditionen u.s.w. Es war alles selbstverständlich. Doch nach und nach, insbesondere ab den siebziger Jahren, auch im Zuge des wachsenden
materiellen Wohlstands, hat ein schleichender Prozess der Kirchen-Entfernung begonnen, der innerhalb von 2-3 Generationen zum heutigen Status quo geführt hat.
Wichtig dabei ist wahrzunehmen, dass es weitgehend weder den pastoralen Kirchenleuten in den Gemeinden noch in den Familien gelungen ist, die Dimension des Glaubens in den letzten Jahrzehnten an
die nächsten Generationen weiterzugeben. Auf Grund der Selbstverständlichkeiten konnte der Inhalt und Sinn des Glaubens nicht gemäß der gesellschaftlichen Entwicklung vermittelt und weitergegeben
werden. Die Fokussierung auf die Kirche wurde nicht mehr selbstverständlich von nachfolgenden Generationen in die eigen Lebensgestaltung übernommen.
Es ist heute wiederum selbstverständlich, fern der Kirche und wohl auch ohne Beziehung zu Gott zu leben. Die gesellschaftliche Abkehr bzw. Verleugnung der unsichtbaren Dimensionen des Menschseins
trägt zusätzlich dazu bei, dass die Menschen heute nicht mehr genau wissen und erleben, welche Bedeutung und Sinn Gott im Leben eines Menschen haben kann und wie das mit dem Glaubensleben
funktioniert.
Das heutige gesellschaftliche System ist sehr stark materiell und wissenschaftlich orientiert. Diese unsichtbare Welt, wie im großen Glaubensbekenntnis unserer Kirche genannt, ist im heutigen
Lebensumfeld ganz einfach nicht vorhanden und präsent. Ein Leben aus dem Glauben mit Gott widerspricht dem Mainstream und dem Zeitgeist. Deshalb sind die Kirchen zunehmend leerer und dieser Trend
ist vorerst nicht aufzuhalten. Es sind meist nur noch die wenigen, älteren Kirchenmitglieder, die heute noch selbstverständlich die Treue zur Kirche halten.
Aus dieser Beobachtung und den Fakten ist deshalb eindeutig zu erkennen, dass im Wesentlichen nicht die strukturellen Reformen zu Erneuerung unserer Kirche als Glaubensgemeinschaft führen können.
Ein Blick in die evangelische Kirche bestätigt diese Behauptung. Denn es sind nicht die Strukturen, die zum heutigen Status quo geführt haben. Es sind die oben beschriebenen Gründe. Reformen oder
Erneuerung bedürfen die Inhalte des Glaubens und der Verkündigung, die sich am Leben der Menschen heute in unserer Gesellschaft orientieren. Und die Menschen sehnen sich innerlich danach. Sie
können es aber nicht in Worte fassen. Hier ist so richtig viel zu verändern. Im Evangelium, im Neuen Testament, kann man nachlesen, wie Jesus diese Erneuerung anpackte und wie er die Menschen in
seinem Umfeld damals zum Leben mit Gott auf eine wohl erneuerte Art führte, wie er durch seine Zuwendung zu den Menschen deren Seelsorge betrieb und wie er die Menschen tief in ihren Sehnsüchten
erreichte. Und nur so geht es in erster Linie auch heute - hier ist der Wegweiser in die Zukunft unserer Kirche zu finden.
Von Bruno Kulinsky
Artikel 2
Grundsätzlich ist es positiv, dass es in der deutschen Kirche zur Bewegung kam. Es dominiert aber die Meinung, die bekannten, geforderten Reformen der Strukturen führen zur Neubelebung unserer Kirche. Dem kann ich nicht folgen, denn ein Blick in die evangelische Kirche reicht aus, um festzustellen, dass dies kein Weg zu Erneuerung des Christseins, der Beziehung zu Gott und des eigenen Glaubenslebens sein kann. Es fehlt die ganzheitliche, mehrdimensionale Sicht, dadurch geht die Analyse der Krise nicht tief genug. Die Ursachen und die Historie der Entwicklung bis heute und der veränderte Mensch in unserer Gesellschaft werden so gut wie nicht beachtet.
Unsere Kirche war mal eine Volkskirche. Der Alltag und das Lebensumfeld war selbstverständlich christlich-kirchlich geprägt und begleitet vom einheitlichen Wertesystem. In den letzten Jahrzehnten kam es zum schleichenden Prozess der Kirchen-Entfernung. Weder der Kirche noch in den Familien ist es gelungen den Inhalt und Sinn des Glaubens zu vermitteln. Die Fokussierung auf die Kirche wurde nicht mehr selbstverständlich von nachfolgenden Generationen in die eigene Lebensgestaltung übernommen. Das heutige gesellschaftliche System ist materiell und wissenschaftlich orientiert. Die Abkehr von der unsichtbaren Dimensionen des Menschseins trägt zusätzlich dazu bei, dass Menschen es nicht mehr erleben und wissen, welche Bedeutung und Sinn Gott im Leben eines Menschen haben kann. Reformen/Erneuerung bedürfen deshalb in erster Linie die Inhalte des Glaubens und der Verkündigung. Ein Blick auf das Wirken Jesu kann uns die Augen öffnen für das, was neu belebt.
Die Schönstatt-Bewegung gehört zu den Neuaufbrüchen. Wir haben es erlebt, weil wir nach einem Raum für die Erneuerung unseres Glaubens und des Lebens mit Gott bewusst gesucht haben. Wir verdanken dies nicht den Strukturen, sondern den Inhalten, der erlebten Seelsorge und der Gemeinschaft der Gleichgesinnten.
Von Bruno Kulinsky