Manche Leute sagen „Glauben“ bedeute „Nicht wissen“ und für einige Lebensbereiche stimmt das auch: „Ich weiß nicht, ob das Wetter morgen schön ist, aber ich glaube es!“ Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ich weiß nicht, wann der nächste Zug für die Heimreise abfährt. Deshalb frage ich den Bahnbeamten. Ich glaube ihm, weil er für mich glaubwürdig ist. Weil ich ihm glaube, weiß ich mehr als derjenige, der nicht fragt.
Menschen glauben aneinander, das macht unser Leben aus. Ehepartner glauben den Worten des anderen, weil der andere glaubwürdig ist. Wenn einer sagt: „Ich liebe dich“, glaubt der geliebte Mensch dem, der das sagt, und damit wird nicht nur das Leben reicher, sondern solcher Glaube macht den Menschen zu einem wirklich Wissenden: Ich weiß, dass der andere mich liebt, weil ich ihm glaube.
Solches Glauben hat mit Vertrauen zu tun. Es geht hier aber nicht darum, dass ich einem glaubwürdigen Gegenüber glaube.
Wenn jemand sagt: Ich glaube an Gott, was will der eigentlich sagen? Entweder meint er: „Ich glaube, dass es Gott gibt, aber ich weiß es nicht genau!“ Das ist nicht der Glaube, den wir Christen meinen. Aber wenn er sagen will: „Ich vertraue Gott in meinem Leben. Gott ist für mich von tiefster Glaubwürdigkeit. Ich vertraue Gott mein Leben an!“ dann sind wir mitten im biblischen Glaubensverständnis. Denn Jesus sagt ja auch: „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Natürlich will er nicht sagen: „Glaubt, dass Gott existiert und dass ich existiere!“, sondern er sagt sinngemäß: „Setzt vertrauensvoll euer Leben auf Gott und auf mich!“. Manchmal frage ich mich, was damit gesagt werden soll, wenn bei einer Umfrage mehr oder weniger Leute sagen, dass sie „An Gott glauben“. Nehmen sie seine Existenz zur Kenntnis? Oder setzen sie tatsächlich ihr Vertrauen in das unendliche personale Gegenüber, das in unserer Sprache „Gott“ heißt?
Auch im Glaubensbekenntnis wird in diesem Sinn von „Glauben“ gesprochen. „Ich glaube an Gott, an seinen Sohn Jesus, an den
Heiligen Geist, an die Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten, ewiges Leben“. Das bedeutet: Ich setze vertrauensvoll meine Hoffnung auf Gott, auf.
Deswegen steht im Glaubens-bekenntnis auch nicht „Ich glaube an den Bösen“, weil der oder das Böse nicht das Gegenüber meines Vertrauens sein kann. Im Sinn des Glaubensbekenntnisses bedeutet
„Glauben“ also nicht, mit zusammengebissenen Zähnen zu akzeptieren, was ich nicht weiß, sondern mein Vertrauen hoffnungsvoll auf Gott zu setzen, weil ich mich von ihm getragen weiß! „Glauben“ ist
nicht „nicht wissen“, sondern „mehr wissen“, weil ich dem Wort eines überaus glaubwürdigen Gegenüber vertraue.
Von Ulrich Zurkuhlen gefunden auf der Webseite www.kirche-und-leben.de